#coronageschichten
Mein liebes Kind,
was ist das nur für eine Zeit? 3 Wochen sind wir schon zuhause. Seit 4-5 Wochen nachmittags eigentlich gar nicht mehr unter Menschen. Nur bei dringenden Arztbesuchen und zum notwendigen Einkaufen. Mit deinen 3 ¾ Jahren verstehst du schon so viel. So viel, dass mir mein Herz schwer wird!
Heute Nacht habe ich nicht ganz so gut geschlafen. Um 1 Uhr hast du mich gerufen, ich sollte bei dir im Bett mit dir zusammen weiterschlafen. Dicht an dicht gekuschelt. Du machst mir Platz – rutscht selbst zur Seite. Wir schlafen so besser, als wenn wir beide ständig aufwachen und uns besuchen.
Heute Nacht habe ich nicht so gut geträumt, doch wir sind zusammen. Heute Nacht habe ich ständig dein Knie im Rücken gehabt, doch es geht uns gut. Heute Nacht habe ich Lego-Duplo-Fahrzeuge unter meiner Decke gehabt, doch dich im Arm!
Du bist am Morgen aufgewacht und lachst mich sofort an und machst Späße. „Du da!“, „Du da!“, „Du da!“. Deine trockene Hand berührt mein Gesicht. „Ich hab´ deine Nase geklaut!“ Deine Hände sind so rau und trocken vom vielen Waschen. Du weißt es nicht, aber ich creme dir nachts die Hände und Unterarme heimlich ein. Manchmal sogar mehrmals. Ich bin ganz erschrocken, als ich über deine Handgelenke streichelte. So spröde ist die Unterseite, dass sie fast aufreißt. Tagsüber wäscht du Creme sofort wieder runter. Du magst das Gefühl an den Händen nicht. Ich hänge noch in meinen Gedanken und dann höre ich dich wieder: „Ich hab´ deine Nase schon wieder geklaut!“. Frech grinst du mich an.
Ich bin so froh und dankbar, dass du mit Leichtigkeit und vor allem glücklich & gesund in den Tag startest.
Wie viele Tage sind wir schon zuhause?
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Wie ist die aktuelle Stimmung?
Wir gehen im Moment gerne spazieren. Frische Luft tut uns gut. Im Moment sind die Nächte wieder so kalt, dass wir das erst nachmittags machen. Oft gehen wir an den Häusern deiner Freunde vorbei. Wir winken und rufen, wenn wir uns von weitem sehen. Dich freut das immer sehr. Dein Freund ruft zurück und möchte jedes Mal am liebsten zu uns kommen. Ich sage dir manchmal: „Komm lass uns weiter gehen.“ Aber auch nicht immer, denn du weißt es ja selber. 3 ¾ Jahre und du bist so schlau, verstehst so viel. Du antwortest: „Ja Mama. Ich weiß, wir können im Moment nicht mit ihm spielen oder spazieren. Wegen dem Virus. Das geht erst wieder, wenn der Kindergarten wieder öffnet.“
Mein Herz wird mir ganz schwer! Du hast mir sogar schon gesagt, dass dein Freund es noch nicht so gut versteht. Er ist schließlich noch kleiner und du schon groß.
Der schönste Moment diese Woche?
Erinnerst du dich noch an unseren schönsten Moment der Woche? Dein herzliches Lachen beim Spiel mit dem Wasserschlauch im Garten. Eigentlich wollten wir die Blumen gießen, doch plötzlich hältst du den Schlauch senkrecht hoch. 😀 Das Wasser plätschert dir auf den Kopf. Eiskaltes Wasser – doch du lachst und bist bis in die Fußspitzen glücklich. Völlig losgelassen, ganz ein Kind! Freust dich darüber, wie der Wasserstrahl und die Tropfen im Sonnenlicht glitzern und funkeln.
Der schlimmste Moment diese Woche?
Fällt dir noch der schlimmste Augenblick ein? Vorgestern als du dich so rührend Sorgen um mich gemacht hast? Ich habe mich wirklich sehr dumm angestellt. Nach 12 Jahren beruflich enger Verbundenheit mit meinem Tacker habe ich mir tatsächlich in die Hand getackert. Ich dachte vorher noch: „Oh, da ist aber eine Stelle an der man leicht abrutscht“ und schon war es passiert. Du bist gleich hergekommen und hast gefragt was passiert ist. Lauthals hast du dann Papa gerufen und bist schnell zu den Pflastern gelaufen. Dir war es so wichtig mir ganz schnell zu helfen, ein Tuch zu bringen, ein Pflaster und etwas zum Kühlen. Papa hatte so schnell gar nicht verstanden was los war und schon hattest du die Dose mit den Kinderpflastern in der Hand.
Was stresst dich gerade?
Mein lieber Sohn. Bitte bleib noch lange ein Kind. Natürlich bemerkst du dass im Moment alles anders ist, doch wir haben uns. Du spürst die Sorgen und Gedanken. Mama und Papa haben viel zu besprechen und auch wenn wir zuhause sind haben wir nicht immer Zeit für dich, doch wir lieben dich bedingungslos. Du weißt, dass wir nicht zu den lieben Nachbarn können oder zu den Omas und dem Opa, doch wir haben uns.
Du hast in der letzten Zeit so viel neue Worte gelernt: Corona, Home Office, Kurzarbeit, Steuer. Alles Begriffe die für Kinder in deinem Alter eigentlich überhaupt nicht notwendig sind.
Und dann sind da noch unsere Gedanken und unsere Unsicherheit, die du natürlich merkst. Wie geht es ab dem 20.04. weiter? Wir können dir keine klare Antwort geben und zweifeln selber, wie es dann wird.
Was hat besonders Spaß gemacht?
Unseren schönsten Moment habe ich ja schon beschrieben. Spaß hatten wir die Woche noch viel mehr. Ich denke du wirst mir auf die Frage antworten: „Benjamin Blümchen gucken und im Sandkasten spielen.“ Dann waren da noch unsere Höhlenbau-Zeiten und die Hörspiel-Momente. Beim Basteln hast du wieder viel Fantasie mitgebracht und wir sind in deine Lieblingsrollen geschlüpft. Haben bis zum Ermüden Pettersson und Findus gespielt oder Polizist und Dieb.
Was haben wir diese Woche gekocht?
Unser Essen Little M, das ist so eine Sache für sich. Am liebsten isst du im Moment nur auf meinem Schoss, ich muss dich füttern. Wer kann es dir verdenken, du sehnst dich nach Halt und Orientierung. In dieser ungewissen Zeit noch mehr als sonst! Du möchtest am liebsten wieder zurück kriechen in die Baby Zeit. Bist immer ganz nah bei mir. Ich bin dein Fels in der Brandung. In den turbulenten Zeiten der Corona-Pandemie. In dem Meer was um dich herum sprudelt, obwohl die Viren doch so klein sind, dass man sie nur unter dem Mikroskop sehen kann.
Auch beim Essen lehnst du alles ab was neu ist. Du sehnst dich nach Gewohnheit. Daher hast du mir zur Kartoffelsuppe gleich gesagt, dass die nicht so aussieht wie im Kindergarten.
- Nudeln mit weißer Soße
- Pfannkuchen mit Apfelmus
- Kartoffelsuppe
- Frikadellen mit Kartoffeln und Karotten ( Wurzeln 😉 )
- Cordon Bleu mit Gemüse und Kroketten
- Nudelauflauf
Was hat diese Woche Positives in meinen Gedanken hinterlassen?
Jeden einzelnen Tag hast du mir gezeigt dass du Verständnis und Liebe für mich hast. Immer wieder! Egal was wir gemacht haben. Egal wie oft am Tag ich deiner Bitte nicht nachgegeben habe und meine Antwort „Nein“ war. Egal wie oft ich zu dir sagte: „Gleich, habe bitte noch einen Augenblick Geduld.“ Egal wie beschäftigt ich war. Du warst da. Und mit dir dein Verständnis und deine Liebe.
Wir sind gerne unter uns. Brauchen nicht viele Personen um uns herum um glücklich zu sein. Mama, Papa, Little M und Leo unser Kater. Hauptsache wir haben uns und sind gesund. Unser Zuhause und die alltäglichen Dinge lernen wir ganz neu bzw. anderes zu schätzen.
Wie ist die Situation im Home Office wohl für Alleinstehende? Für Senioren die keinen Partner mehr haben? Für Menschen im Heim, die an Demenz leiden?
Uns geht es gut. Wir haben uns!
Welche Ideen nehme ich in die nächste Woche mit?
Langeweile kennen wir nicht. Habe ich mir etwas überlegt, was wir zusammen machen können, kommt von dir garantiert die nächste Idee die darauf aufbaut.
Wir basteln kleine Pakete für die Omas und den Opa mit Ostergeschenken und Leckereien. Ständig fällt dir etwas Neues ein. Auch wenn du manchmal nur 2 Min. zu deiner Idee Lust hast und dann mit dem Nächsten daher kommst. 😀 Von wem du das nur hast? 😉
Und wie geht es dir?
Hast du auch Lust mitzumachen? Ich freue mich sehr auf deinen Kommentar. Unsere Woche eins und Woche zwei findest du hier. Schaue doch auch mal bei Kerstin auf dem Blog vorbei. Sie hat mich dazu inspiriert dieses kleine Familientagebuch zu führen. Dort gibt es immer Interessantes zu entdecken.
Bleibe gesund, wir lesen uns wieder!